Gleiches Recht für alle

Frau Lechner (Name geändert) ist 44 Jahre alt und arbeitet als Vertriebscontrollerin bei einer internationalen Versicherung. Lassen wir sie jetzt selber sprechen:

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"Es ist erst ein Jahr her, aber es fühlt sich noch immer an wie ein Albtraum. Selbst für einfache Datenanalysen musste ich früher eigens eine Anfrage an unsere IT-Abteilung stellen. Und wenn es nur darum ging, die Altersstruktur unserer Neuabschlüsse des letzten Quartals in einem bestimmten Vertriebsgebiet zu erfahren – das dauerte mindestens einen Tag. Es ist die Regel, dass das Wissen grundsätzlich von einigen wenigen Experten in unserem Hause verwaltet wird, das sind meistens unsere Informatiker und Statistiker. Aber wer hat schon deren Wissen? Das kann ich akzeptieren.Aber diese Kollegen kennen eben auch nicht meine Bedürfnisse im Controlling.

Ich möchte es freundlich formulieren: Zwischen mir und diesen "Power Usern" kam es regelmäßig zum Streit, weil sie um ihr Elfenbeiwissen in ihren Elfenbeintürmen genau wussten. Klar, die mussten ja nicht nur meine Anfrage bearbeiten. Die ganze Firma bombardierte sie mit Aufträgen. Ihr Wissen ist auch goldwert, keine Frage. Sie kennen jeden Trick und jede Tastenkombination, um Daten zu selektieren, zu bündeln und unter bestimmten Fragestellungen zu analysieren. Für fachfremde Anwender, die nur gelegentlich mit einem solchen System arbeiten und keine Intensivschulung erlebt haben, waren die Analyse- und Abfrageinstrumente nicht vorgesehen und deshalb viel zu kompliziert. Die Folge waren oft lähmende, unproduktive Wartezeiten und Engpässe bei den Spezialisten. Doch eigentlich ging es um viel Größeres: Wichtige Entscheidungen wurden hinausgezögert, Abstimmungsprozesse unterbrochen. Und lagen Analyseergebnisse einmal vor, konnte niemand sicher sein, dass sie immer noch gültig waren. Weil seit Anfrage Tage verstrichen waren."

„Self Service Business Analytics“ lautet das Gebot der Stunde. Und das funktioniert in etwa so:

Jeder Anwender, also die Monika Lechners dieser Welt, klicken sich einfach in ein Webportal, wo sie entweder auf vorgefertigte Analysen und Auswertungen zugreifen oder eigenständig Analysen konfigurieren können. Vorgefertigt werden in der Regel Analysen, die regelmäßig und häufig von mehreren Anwendern gebraucht werden – zum Beispiel rückblickende Vertriebsreports oder Ausblicke auf die Absatzzahlen des nächsten Quartals. Solche Berichte gab es schon immer, meist im festen Turnus. Wer aber einen Tag vor Fertigstellung eines neuen Quartalsberichts Zahlen brauchte, musste mit denen vorlieb nehmen, die knapp drei Monate alt und damit fast wertlos waren. Heute klickt Frau Lechner einmal  auf den richtigen Button und sie hat tages- oder auch minutenaktuelle Zahlen als Excel-Tabelle oder aufbereitet in einem Powerpoint-Format.

Das, was im Hintergrund läuft, bekommt sie gar nicht mit: Daten aus allen denkbaren und sinnvollen Quellen systematisch kanalisiert, zusammenführen und mit analytischen Mustern versehen.  

Wenn es juckt, heilt es

Es liegt auf der Hand, dass ein solcher Wandel nie ganz ohne Komplikationen zu realisieren ist, und auch nicht über Nacht über die Bühne geht. Das ist beim Informationsmanagement so wie in den meisten anderen Bereichen: Wenn es darum geht, bestehende Prozesse und Hierarchien aufzulösen und neu zu definieren, finden sich in jedem Unternehmen Förderer, Mitläufer und Bremser.

Deshalb sind an dieser Stelle insbesondere der CIO und seine Mitarbeiter gefragt, die Skeptiker zu überzeugen, sie eventuell sogar mit ins Boot zu holen und ihre Sichtweisen in das Projekt zu integrieren. Das ist im Idealfall zunächst einmal ein kleines Pilotprojekt, das einen in sich geschlossenen Bereich betrifft. Es ist wie bei einer heilenden Wunde, wenn man kratzen muss, hat man das Schlimmste überstanden.

Patric Märki, VP SAS Region DACH

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