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PS WELT Verkehrsprobleme

Dieser Mann kämpft mit Big Data gegen den Stau

Jeder offenbart per Handy, wann er wohin fahren will, und die Cloud macht dann Vorschläge, wie das am flüssigsten geht. Diese Idee wird nun umgesetzt, sie kommt aus der schlimmsten Staustadt der Welt.

Jetzt müssen die Datenschützer ganz tapfer sein: In Zukunft könnten nämlich alle Autofahrer aufgefordert werden, wichtige persönliche Informationen ins Netz zu stellen: nämlich wo sie gerade sind und wohin sie wollen. Und natürlich auch, wann es losgeht.

Indem man diese Informationen von sich preisgibt, verhindert man den Verkehrsinfarkt, weil die Menschen dann zu anderen Zeiten fahren, andere Verkehrsmittel wählen oder sich zu Fahrgemeinschaften zusammenschließen.

Dessen ist sich zumindest José Castillo sicher. Er führt ein solches Datenerfassungssystem gerade in Santa Fe ein, einem vom Stau extrem geplagten Stadtteil von Mexiko-Stadt, laut Commuter Pain Index von IBM die schlimmste Staustadt der Welt. Für seine Idee hat Castillo mit seinem Team den Audi Urban Future Award gewonnen.

Audi legt die Forschungsthemen fest

Diesen Preis gibt es seit 2010, er wird alle zwei Jahre verliehen. Schon jetzt, beim dritten Mal, ist zu erkennen, dass die angedachten Lösungen praxisnäher werden. Am Anfang haben manche Architekten sogar ihre Visionen von neuen Autos gezeigt, erinnert sich Audi-Chef Rupert Sadler. „Da haben wir gesagt: ‚Geht mal davon aus, dass wir das mindestens genauso gut können.‘“

Was Stadler von der ungewöhnlichen Aktion erwartet, ist Know-how. Nicht unbedingt in technischen Disziplinen, sondern es geht um das Miteinander von Städten und Autos. „Man wird ja durch die Diskussionen nicht dümmer“, sagt Stadler. Und das ist noch untertrieben.

Die vier Forschungsprojekte bei jedem Wettbewerb werden von Audi mitbestimmt und begleitet, jedes Team hat einen Audi-Experten an seiner Seite, sei es ein Designer oder ein Elektronikingenieur.

„Darum verschwinden auch die Projekte, die hier nicht gewonnen haben, nicht einfach in der Schublade“, wie Christian Gärtner, der Kurator des Awards, sagt. „Wir arbeiten mit allen Teams weiter.“ Einige Ideen müssten möglicherweise nur noch ein wenig reifen. So wie die des Berliner Teams.

Autonomes Fahren für jeden

Der Architekt Max Schwitalla hat sich hier mit einem Neurologen und einem Experten für Aufzugsteuerung zusammengetan und ein unglaublich futuristisches Projekt ersonnen. Im Grunde geht es darum, dass Menschen auch auf der letzten Meile zwischen U- oder S-Bahn-Station und Büro nicht zu Fuß gehen müssen, aber eben auch nicht mit ihren eigenen Pkws die Straßen verstopfen und Parkplätze blockieren sollen.

Ausgehend von der Erwartung, dass der neue Berliner Flughafen eines Tages tatsächlich eröffnet und am Standort des jetzigen Airports in Tegel wie geplant ein Wissenschaftszentrum entstehen wird, haben Schwitalla und die Seinen überlegt, wie man diesen neuen Kleinstadtteil an die Metropole anbindet.

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Die Lösung ist eine Bahnstation etwa einen Kilometer entfernt. Dort angekommen, steigen die Pendler in bereitstehende autonom fahrende Autos, die das Ziel des einzelnen Fahrgastes schon kennen. Zunächst fahren sie im Konvoi – im neuen Stadtteil angekommen, trennen sie sich und bringen jeden an sein individuelles Ziel.

Bis zu diesem Punkt war Schwitallas Präsentation faszinierend – weil realistisch. Denn die Autos werden in den nächsten Jahren tatsächlich neue Selbstständigkeiten gewinnen. „Der Nachfolger des Audi A8 kommt etwa 2016 und wird pilotiertes Fahren im Angebot haben“, sagt Rupert Stadler.

Autos kommunizieren mit Ampeln

Doch der Berliner Architekt spannte den Bogen bis ins Jahr 2035 und brachte rollende Zylinder ins Spiel, die genau einem Menschen Platz bieten und bei Bedarf auch zu zweit, zu dritt nebeneinandergekoppelt werden können. Da hat sich die Jury dann doch lieber für das mexikanische Big-Data-Projekt entschieden.

„Berlin war zu visionär, das muss man aber zulassen“, sagt Stadler. „Mexiko war von der Datenanalyse und dem Bekenntnis anderer Partner am pragmatischsten und am weitesten.“ Die anderen Partner sind etwa die Stadtverwaltung, der Fahrdienst Uber sowie die IT-Riesen Apple und Microsoft.

Denn nur wenn nicht allein die Autos untereinander vernetzt sind, sondern auch die Kommunen sowie andere Unternehmen sich als Teil einer Gesamtlösung verstehen, kann im Sinne der Verbesserung des Verkehrsflusses etwas entstehen. Das ist die Lehre aus dem Wettbewerb und Audi selbst will daraus natürlich Honig saugen.

So ist die VW-Tochter derzeit das einzige Unternehmen, das Autos entwickelt, die mit Ampeln kommunizieren können und dabei lernen, wie lange die Rotphase noch dauert oder wie schnell man fahren muss, damit die grüne Welle möglichst nicht unterbrochen wird.

Autonome Autos zuerst in den USA

Wenn es zu ersten Pilotprojekten mit autonomen Autos kommen sollte, kann es gut sein, dass Audi mit seinem speziellen Engagement schon den Fuß in der Tür hat.

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Nach Lage der Dinge sind solche Experimente zuerst in amerikanischen Städten zu erwarten – dort können Bürgermeister weitgehende Ausnahmegenehmigungen erteilen. Und auch wenn die europäischen Entwicklungen Keramikbremse und LED-Scheinwerfer in den USA derzeit nicht zulassungsfähig sind, für das fahrerlos rollende Auto haben die Amerikaner ein Herz.

Besonders im Bostoner Wettbewerbsbeitrag war viel vom pilotierten Parken die Rede. Projektleiter Phil Parsons sagt, dass Autos, die sich ohne ihren Fahrer einen Platz im Parkhaus suchen, 50 Prozent weniger Platz benötigen – was dann auch zu kleineren Parkhäusern führen würde.

Wer fragt, wann solche Lösungen denn begonnen werden, bekommt beim Audi Urban Future Award auch schon konkrete Antworten: „Der Bürgermeister von Boston will unbedingt anfangen“, sagt Stadler.

„Die Menschen teilen freiwillig ihre Daten“

Und José Castillo, der Gewinner, erzählt, dass sein Projekt in Mexiko-Stadt schon in der Pilotphase sei. 14.000 Datensätze habe man seit September schon erhoben, bald sollen Effekte spürbar werden.

„Die Menschen teilen freiwillig ihre Daten, um weniger Zeit im Verkehr zu verlieren“, sagt Annegret Maier, Leiterin der Abteilung Datenintelligenz bei Audi. „Sie glauben daran, dass aus ihren Daten eine effiziente Verkehrsplanung entsteht. Aber uns ist auch klar: Wenn Menschen Daten spenden, haben sie auch ein Recht, dass die daraus entstehende Datenplattform der Allgemeinheit zur Verfügung steht.“

Für einen Autohersteller fällt natürlich auch noch ein Vorteil ab: Je besser der Verkehr fließt, desto weniger stellen die Menschen das Auto an sich infrage.

Audi testet erstes Rennauto ohne Fahrer

Schon längst helfen Autos beim Einparken und Spurhalten. Jetzt hat Audi ein fahrerloses Rennauto auf die Piste geschickt und glaubt an einen Durchbruch auf dem Weg zu einer unfallfreien Zukunft.

Quelle: Die Welt

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